SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 11 (2011), 3

Titel der Ausgabe 
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 11 (2011), 3
Weiterer Titel 
Turnlehrerausbildung im Austrofaschismus; Christlicher Sport in Österreich; der DFB und der Dichter Herzog

Erschienen
Göttingen 2011: Verlag Die Werkstatt
Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
1617-7606
Anzahl Seiten
104 S.
Preis
9,70 €

 

Kontakt

Institution
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Lorenz Peiffer Institut für Sportwissenschaft Leibniz Universität Hannover Am Moritzwinkel 6 30167 Hannover
Von
Peiffer, Lorenz

Das Heft 3 des aktuellen Jahrganges widmet sich zwei Schwerpunkten: der geschichtlichen Entwicklung der Turnlehrerausbildung sowie der Vereins- und Verbandsgeschichte des christlichen Sports in unserem Nachbarland Österreich sowie der Frage nach politisch-ideologischen Strömungen inner-halb des Deutschen Fußball-Bundes in den 1920er Jahren.

Die Entwicklung des Sports – vor allem der universitären Turnlehrerausbildung – in der Zeit des Austrofaschismus ist immer noch ein weitgehend weißes Feld in der sporthistorischen Forschung. In seinem Beitrag „Das Institut für Turnlehrerausbildung der Universität Wien im Austrofaschismus“ stellt Richard Müllner/Wien die Frage nach der strukturellen und studien-rechtlichen Entwicklung der Turnlehrerausbildung, ihren curricularen Zielen und Inhalten sowie der personalpolitischen Situation in den Jahren 1934-1938 in den Mittelpunkt seiner Untersuchung. Müller betont, dass die Entwicklung in den 1930er Jahren nur vor dem Hintergrund des pädagogischen Reformwerks des natürlichen Turnens von Karl Gaulhofer und Margarete Streicher zu analysieren ist – vor allem unter dem Aspekt „der Affinitäten bzw. Abgrenzungen zu faschistischen und diktatorischen Ansätzen in der Bewegungserziehung in Europa und speziell in Deutschland.“ Protagonist der Turnlehrerausbildung an der Universität Wien war in dieser Zeit Adalbert Slama – ein Vertreter des „vaterländischen Turnens“. Slama hatte seine turnerische Sozialisation in der Christlichen Deutschen Turnbewegung erfahren.

Der Geschichte der Christlich Deutschen Turnbewegung in Österreich geht Gilbert Norden/Wien in seinem Beitrag „Die Entwicklung des christlichen Vereins- und Verbandssports in Österreich“ nach. Die Entwicklung des religiösen Sports lässt sich in Österreich zurückverfolgen bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts und ist zurück zu führen auf den „Binnendifferenzierungsprozess im sich etablierenden Sportsystem“. Zäsuren der Entwicklung markieren die beiden Weltkriege. Die Untersuchung basiert im Wesentlichen auf der Analyse zeitgenössischen Quellenmaterials und ist der österreichische Teil des internationalen Forschungsprojekts „Geschichte der Fédération Internationale Catholique d`Education Physique (FICEP 1911 – 2011)“. In der heutigen Zeit hat die „SPORTUNION Österreich“ als Nachfolgeorganisation der Christlich-deutschen Turnerschaft Österreich (CDTÖ) eine enorme Aufwärtsentwicklung erfahren. Sie verfügt über das 19-fache an Mitgliedern wie die CDTÖ und hat einen Wandlungsprozess von einer Gesinnungsgemeinschaft zu einem Dienstleistungsbetrieb durchlaufen.

Im Jahre 1925 beging der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sein 25jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass gab er eine großformatige Festschrift heraus, die eingeleitet wurde mit einem zwölfzeiligen Gedicht von Rudolf Herzog. In seinem Beitrag „Das neue Deutschland ist nicht das Vaterland“ untersucht A. Heinrich/Alfter die „literarischen Neigungen eines Sportverbandes“. Rudolf Herzog zählte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem der meistgelesenen Schriftsteller in Deutschland. Nach der Analyse verschiedener Werke von Rudolf Herzog aus der Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, seiner „politischen Überzeugungen und Ambitionen, mit dem der Propagandaschreiber Herzog (…) seine Helden ausstattete“, kommt Heinrich zu dem Ergebnis, dass sich Herzog „in den Anfangsjahren der Weimarer Republik immer mehr der aktionistisch ausgerichteten radikalen Rechten annäherte“. Was bewog den DFB, diesen Schriftsteller für seine Festschrift als Autor für ein einleitendes Gedicht zu engagieren? Dieser Frage geht Heinrich in seinem Beitrag im Folgenden nach.

In den letzten Monaten haben verschiedene Ausstellungen und Tagungen zu sporthistorischen Themen bzw. mit sporthistorischem Bezug stattgefunden. Momente des Sports hat Kuhlmann/Hannover in der Ausstellung „Das XX. Jahrhundert in Fotografien“ im Deutschen Historischen Museum Berlin entdeckt. Darüber hinaus stellt er die Ausstellung „Sportverräter. Spitzenathleten auf der Flucht“, die den Lebensweg von DDR-Sportlerinnen und -sportlern in eindrucksvollen Videoinstallationen dokumentiert. Die Ausstellung war im Willi-Brandt-Haus Berlin zu sehen. Neben einer Tagung über den deutschen Olympiapionier Willibald Gebhardt, über die Krüger/Peine berichtet, fand in Frankfurt ein internationaler Kongress zur 200jährigen Gründung der Deutschen Turnbewegung statt, den Streppel-hoff/Köln Revue passieren lässt.

Mit den Anfängen der Deutschen Turnbewegung beschäftigen sich drei Werke, die Hansgeorg Kling in einer Sammelbesprechung vorstellt. In dem umfangreichen Besprechungsteil werden darüber hinaus weitere Neuerscheinungen, die mit der Vereinsgeschichte im Nationalsozialismus (FC St. Pauli) bzw. mit der Geschichte von Sportarten (Radfahren und Skilauf), den Olympischen Spielen 1936 sowie über ein europäisches Projekt zur inter-kulturellen Bildung auseinandersetzen, vorgestellt.

Verschiedene sporthistorische Beiträge aus anderen Zeitschriften und Sammelbänden, die wir in „Für Sie gelesen“ in einer kurzen Inhaltsanalyse vorstellen, „Neuerscheinungen“ und die Übersicht über die „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ des aktuellen Heftes beschließen diese Ausgabe.

Lorenz Peiffer

Inhaltsverzeichnis

Beiträge

Müllner, R.
Das Institut für Turnlehrerausbildung der Universität Wien im Austrofaschismus
7

Norden, G.
Die Entwicklung des christlichen Vereins- und Verbandssports in Österreich
31

Heinrich, A.
„Das neue Deutschland ist nicht das Vaterland“. Literarische Neigungen eines Sportverbandes
47

Berichte

Kuhlmann, D.
Das XX. Jahrhundert in Fotografien – „Menschen-Orte-Zeiten“. Momente des Sports im Deutschen Historischen Museum Berlin
71

Krüger, A.
Willibald Gebhardt-Symposium am 5.-6. Mai 2011 in Essen
72

Streppelhoff, R.
Vom Turnen zum Sport – Beziehungen, Interaktionen, Gegensätze in der Vergangenheit und in der Gegenwart: Ein Kongress zur 200jährigen Gründung der Deutschen Turnbewegung in Frankfurt vom 8.-12. August 2011
74

Kuhlmann, D.
„Sportverräter. Spitzenathleten auf der Flucht“ – Ausstellung in Berlin. Fluchtgeschichten von Manfred Steinbach bis Ines Geipel
75

Besprechungen:

Wiederkehr, S.
GIEß-STÜBER, P./BLECKING, D. (Hrsg.): Sport – Integration – Europa: Neue Horizonte für interkulturelle Bildung. Schneider-Verlag: Hohengehren 2008.
79

Brändle,
F. EBERT, A.K.: Radelnde Nationen. Die Geschichte des Fahrrads in Deutschland und den Niederlanden bis 1940. Campus Verlag: Frankfurt und New York 2010.
80

Heinrich, A.
BACKES, G.: „Mit deutschem Sportgruss, Heil Hitler!“ Der FC St. Pauli im Nationalsozialismus. Hoffmann und Campe: Hamburg 2010.
81

Falkner, G.
GIDL, A./GRAF, K.: Skisport in Innsbruck. Von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert. Haymon-Verlag Innsbruck/Wien 2010.
84

Kling, H.
BARTMUß, H.–J./KUNZE, E./ULFKOTTE, J. (Hrsg.): „Turnvater“ Jahn und sein patriotisches Umfeld. Briefe und Dokumente 1806–1812. Böhlau: Köln/Weimar/Wien 2008.
ULFKOTTE, J. Briefe von Friedrich Ludwig und Emilie Jahn an Wilhelm Lübeck 1835-1876. Zentral- und Landesbibliothek Berlin: 2010.
BARTMUß, H.-J./ULFKOTTE, J.: Nach dem Turnverbot: „Turnvater“ Jahn zwischen 1819 und 1852. Böhlau: Wien/Köln/Weimar 2011.
90

Schilde, K.
Berlin 36. Die wahre Geschichte einer Siegerin. Ein Film von Kaspar Heidelbach. Mit Karoline Herfurth, Sebastian Urzendowsky, August Zirner, Axel Prahl u.a., XVerleih. D 2009.
BAHRO, B.; BRAUN, J.: Berlin '36. Das Buch zum Film. Verlag für Berlin-Brandenburg: Berlin 2009.
93

Für Sie gelesen
95

Neuerscheinungen
101

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
104

Weitere Hefte ⇓
Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger